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Adrians Schrauberecke Der berühmt-berüchtigte Generator

Der berühmt-berüchtigte Generator

Fürs A-Modell gibt es ja bekanntlich eine ganze Reihe Nachrüstungen, Umbauten und Optimierungen, die dem Motoristen des 21. Jahrhunderts das Fahren dieses Vorkriegswagens etwas leichter oder angenehmer machen sollen, indem sie ihm lästige Arbeiten wie das Verstellen der Zündung abnehmen, die Zuverlässigkeit z.B. durch Abschirmen des Zündkondensators von der Motorwärme steigern oder durch Verwendung moderner Materialien wie Wellendichtringen statt Graphitschnur in der Wasserpumpe ebendiese weitaus weniger wartungsintensiv machen.

Wohl zu den häufigsten Umbauten zählt das Austauschen des 6V-Gleichstromgenerators durch eine Drehstrom-Lichtmaschine.

Die Vorteile hierfür liegen auf der Hand: Drehzahlunabhängiger Ladestrom, größere Ladestromkapazitäten für mehr Stromverbraucher, keine verschleißenden Kohlen, Wegfall des zu ölenden Gleitlagers – und natürlich die immense Reduktion des Brandrisikos, da die originalen Ford-Dynamos ja dafür bekannt sind, bei Überlastung Feuer zu fangen.

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Oder?

Meine Generator-Odyssee beginnt mit dem Kauf meines Coupés im Oktober 2020. Die Tage werden kürzer, Schlechtwetterperioden häufen sich. Das Fahren mit Licht wird schnell zum regelmäßigen Ereignis. Ständiger Begleiter: Die Sorge, es nicht bis nach Hause zu schaffen, da die Ladeanzeige mit Einschalten der Scheinwerfer mit unnachgiebiger Zielstrebigkeit auf die 15 Ampere Minus schnellt – an Ampeln mit getretener Bremse sogar darüber hinaus.

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Auf Suche nach einer Antwort werde ich im Netz fündig: Die dritte Bürste des Dynamos lässt sich verstellen, um die Laderate anzupassen!

Also verschiebe ich sie so weit nach unten, bis das Amperemeter auch bei eingeschaltetem Licht im Bereich von Plus 5 bis Plus 10 Ampere herumschwimmt. Der Nebeneffekt hierbei: Ist das Licht aus, lädt der Generator bisweilen mehr, als die Anzeige anzuzeigen vermag.

Das geht einige Wochen gut. Dass die Batterie nicht zu kochen begann, ist wohl einzig der Tatsache geschuldet, dass es sich bei meinem Fahrzeug um eine Golfkart-Batterie mit 600 (!) Ah handelt, die auch höheren Laderaten gewachsen ist.

Bald jedoch beginnt die eingangs so positionsstabile Nadel der Ladeanzeige während der Fahrt zu zucken; bei Standgas macht sich ein zwitscherndes Geräusch aus dem Motorraum bemerkbar.

Bei einer Routineinspektion des Motorraums fällt eine glitzernde Metallscherbe auf – sie erweist sich als Bestandteil der Dynamo-Riemenscheibe, welche sich infolge eines fehlerhaften Gusses (und der wohl erstmals anhaltend hohen Geschwindigkeiten, die der Wagen in meinem Besitz sieht) in vier Einzelteile zerlegt hatte.

Ersatz gab es zu dem Zeitpunkt keinen in Deutschland – ich beschloß, mir eine neue Riemenscheibe selbst zu drehen.

Um den Konus der Scheibe an den der Generatorwelle anzupassen, muss diese ausgebaut werden; zum Glück! Denn dies offenbart, warum die Ladeanzeige zu zucken begonnen hatte: Die Feldspulen waren durchgeschmort!

Von Tatendrang übermannt, hatte ich zwar gelesen, dass man die „dritte Bürste“ verstellen soll, um die Laderate für Nachtfahrten zu erhöhen – dabei aber völlig außer Acht gelassen, dass man sie auch wieder zurückstellen muss, wenn ohne Licht gefahren wird. Denn für Ströme jenseits der 20 Ampere ist der Generator schlichtweg nicht ausreichend dimensioniert.

Was als simpler Riemenscheibentausch begann, endete also im Neuwickeln der Statorspulen (aus Ermangeln an Spulen bei deutschen Ersatzteilhändlern auch hier wieder in Heimarbeit, unter Regie eines Elektromotorenbauers der alten Schule).

Der Generator ist also durchgebrannt, die Riemenscheibe geplatzt – warum sich man sich die Mühe machen, diese doch offensichtlich inferiore Technik wiederzubeleben, wenn es eine nagelneue Drehstrom-LiMa doch hundertmal besser gekonnt hätte?

Nun: Zum Einen mag ich’s original – und zum anderen wird einem diese Wahl als Student ohne festes Einkommen wesentlich leichter gemacht, wenn es heißt: Entweder zwei Tage Wickeln, Tauchlackieren, Backen und Montieren – oder das Äquivalent von (seinerzeit) sieben Tankfüllungen in ein Neuteil zu investieren.

Es dauerte nicht lang, da tat der frisch gewickelte Generator seine ersten Rotationen auf der Testbank.

Mit penibelster Vorsicht justierte ich die Bürste so, dass nur ja nicht zu viel Strom von ihr verlangt wurde und wagte mich wieder auf die Straßen.

Inzwischen war es Dezember – und draußen mehr dunkel als hell. Ein automatischer Laderegler wäre sicherlich klasse gewesen… aber auch teuer.

Stattdessen markierte ich mir die Bürstenposition für Tag- und Nachtfahrt mit Körnerpunkten und sägte einen fingerbreiten Schlitz ins über den Bürsten sitzende Blechband. Mit einem Stück Reifenschlauch darüber wird weiterhin das Eindringen von Schmutz in die Elektrik verhindert – gleichzeitig ist es mir nun möglich, ohne Werkzeug und binnen Sekunden den Ladestrom anzupassen: Motorhaube auf, Gummilappen anheben, Bürste verstellen, Haube zu, fertig.

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Ist gerade keine Möglichkeit zum Anhalten gegeben, kann man sich auch mit Standlicht behelfen: In der Dämmerung wird man damit noch gut genug gesehen – und sollte die Laderate tagsüber zu hoch sein, reduziert das Standlicht selbige um ein paar Ampere.

Es sind nun zwei Winter auf diese Art ins Land gegangen. Die Lichtmaschine tut weiter tapfer ihre Dienste – sicherlich fällt die Laderate an der Ampel ab – und wenn ich auf die Bremse trete, werden die Scheinwerfer etwas dunkler. Doch ich möchte anmerken, dass ich in diesen zwei Jahren kein einziges Mal durch eine leere Batterie liegengeblieben – oder aufgrund eines Lichtmaschinenbrandes abgefackelt bin. Ein neuerliches Ausspindeln der Batteriesäure zeigte, dass diese sich in kerngesundem Zustand befand – das omnipräsente Gejammer über die ach so schlechten Generatoren, die nur darauf warten, kaputt zu gehen – oder Batterien mit ihrem ungleichmäßgigen Ladestrom in den Tod zu reißen – ist meines Erachtens also müßig.

Man darf nicht vergessen: Die Windungen, die Isolation, der Klarlack… Das ist alles 90 Jahre alt! Natürlich wird unter Dekaden von Öl, Hitze, Dreck und Vibration auch die beste Isolierung mürbe – und dann ist es nur noch eine Zeitfrage bis zum Kabelbrand.

Doch ein Generator lässt sich vollständig überholen – ob in Handarbeit oder mit Kaufteilen – und dann ist er nach meinem Ermessen voll und ganz für den Alltagsbetrieb geeignet.

Und an das Verstellen der Ladebürste habe ich mich mittlerweile so sehr gewöhnt, dass ich die Suche nach einem Laderegler aufgegeben habe.

Das gehört jetzt für mich genauso zum A-Fahren wie Zwischengas und Zündverstellung.